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Über Nacht
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Mittwoch, 9. September 2009

Über Nacht


(003 - Eine Reise durchs Zimmer)

Über Nacht hatte sich mein Zimmer vergrößert. "Das kann passieren", meinte Jens, als ich ihn vom Handy aus anrief. Jens ist jetzt Berater bei Skyminer Deploit (oder was es Clayminer Detroit?), hat wie viele Berater aber Physik studiert. "Das kann passieren", meinte Jens also, "wegen der Relativitätstheorie".

Nach 15 Minuten Fußmarsch hatte ich meine Schuhe gefunden, die ich abends vor dem Bett abgestellt hatte. Ohne Umweg zu meiner Kleidung auf dem Sessel, der sich als kleiner grüner Punkt in der südwestlichen Ecke abzeichnete, machte ich mich zum Flur auf. Die Holzfaserung des Dielenbodens hatte sich ebenfalls gedehnt, vor allem in die Länge, aber auch ein wenig in die Höhe. Kleine Dellen hatten sich zu Mulden verwandelt, in denen ich dicken, flauschigen Staub liegen sah. Die Spalten zwischen dem Parkett waren breit wie junge Bäche, aber doch nur ein paar handbreit tief. Ich trampelte ein wenig auf einigen Brotkrümeln herum, die sich zu riesigen, brüchigen Scheiben ausgedehnt hatten und die unter meinen Schuhen mit Krachen und Knistern zersprangen. Ein paar faustgroße, luftige Krümel klemmte ich unter meinen Arm. Meine Befürchtung war, dass sich der Gang ebenfalls gestreckt hatte und ich auf dem Weg zur Küche hungrig werden könnte. Aber mit dem Gang war alles in Ordnung. Ich blickte zurück von der Türschwelle auf mein Zimmer: Mein Zuhause war war eine gigantische Halle, ganz ohne Säulen, eine Art Salzsee aus Parkett, die Möbel waren sparsam wie Sehenswürdigkeiten darin verteilt. Am anderen Ende schien die Sonne durch ein riesiges Fenster. Morgen hole ich mein Motorrad, war mein erster Gedanke. Und mein zweiter: "Hoffentlich passt Fr. Knötzer nicht die Miete an."

kerleone am Mi., 09.09.2009, 12:40 Uhr.